Über 111 Jahre Karneval in Steinheim
Seit vielen Jahren arbeitet innerhalb der StKG ein komplettes Team unter der Leitung von Hermann Brak daran, die lange Geschichte des Steinheimer Karnevals aufzuarbeiten; und noch immer ist kein Ende in Sicht. Auf den folgenden Seiten finden Sie den aktuellen Stand der Forschung, nach Vorlage von Franz-Gerd Brökel.
Wenn die tollen Tage anbrechen, dann ist die Kleinstadt Steinheim in Ostwestfalen nicht mehr zu halten. Rund 25.000 Menschen machen sich auf den Weg zum Rosenmontagszug. Das sind dreimal so viele, wie in der Kernstadt wohnen. Dann heißt es „Steinheim – Man teou“ („man zu“) und es regieren Frohsinn und pure Lebensfreude. All dies begann vor über einhundert Jahren, als einige gutgelaunte Steinheimer am Rosenmontag mit Tamtam durch die Straßen zogen. Die vereinseigenen Archivare wissen, dass sich die Wurzeln des Karneval in Steinheim schon um 1894 entwickelten. „Papa, komm schnell aus dem Haus“, riefen die Kinder aufgeregt, „so was hast du noch nicht gesehen!“ Staunend betrachteten die Menschen die ersten Narren, die verkleidet und singend durch die Straßen zogen. Ansteckender Frohsinn, der Bazillus Karneval fiel in Steinheim auf fruchtbaren Boden.
In den ersten Jahren wurden vor allem rauschende Kostümfeste gefeiert. Im Jahre 1911 – kann es eine schönere Jahreszahl als Eckdatum geben? – war es dann soweit: Der erste organisierte Rosenmontagszug mit Wagen, Fußgruppen und Musikkapellen bewegte sich –eingerahmt in großer Begeisterung vom Straßenrand – durch Steinheim. Die Erfolgsgeschichte „Karneval in Steinheim“ nahm an Fahrt auf und beschleunigte sich von Jahr zu Jahr. Die Verantwortung für das närrische Treiben lag vor allem in den Händen des Männergesangvereins MC Harmonie.
Vom Erfolg des Rosenmontagszuges 1935 beglückt, aber auch von der damit vorangegangenen Arbeit angetrieben, beschlossen einige Herren am Faschingsdienstag 1935: „Das kann so nicht weitergehen, wir brauchen einen eigenen Verein, der sich ausschließlich dem Karneval widmet.“ Denn bei der Organisation wurde deutlich, dass ein einziger Gesangverein mit den Vorbereitungen eines so großen Volksfestes an seine Grenzen stieß.
Sie fassten daher den Entschluss, die Steinheimer Karnevalsgesellschaft e.V., kurz: StKG ins Leben zu rufen. Die Eintragung ins Vereinsregister erfolgte ein Jahr später, sodass offiziell 1936 als Gründungsjahr gilt. Erster Präsident wurde Aloys Böger, der langjährige Vorsitzende und Dirigent des MC Harmonie. In den folgenden Jahren wurde der Karneval immer größer.
Auch nach den Weltkriegen fanden die Steinheimer schnell wieder zurück ins närrische Treiben. Vielleicht als willkommene Abwechslung nach erschütternden Jahren, vielleicht auch aus Traditionsbewusstsein und Brauchtumspflege. Der Karneval gehört zu Steinheim wie die rote Pappnase zum Karneval. Wer in „Klein-Köln-an-der-Emmer“ aufwächst, der wächst auch in den Karneval hinein. In den Kindergärten wird geschunkelt, der Kinderkarneval mit eigenem Kinderprinzenpaar ist ein fester Bestandteil. Das erste Kinderprinzenpaar wurde offiziell im Jahre 1965 gekürt, der erste Kinderumzug lässt sich gar auf das Jahr 1937 datieren. Nachdem ein kleiner Steinheimer Nachwuchsnarr die Sessionen im Kindergarten genoss, schließt sich die Grundschule nahtlos an. Hier basteln sie im Kunstunterricht ihre Kostüme, jubeln ihren kleinen Regenten auf der Rathaustreppe zu. Die Fortsetzung finden die Jugendlichen in den weiterführenden Schulen ebenso wie beim Jugendkarneval, einer gigantischen Party mit Prinzenbesuch in der Stadthalle. Die Erwachsenen feiern derweil bei den vier Büttenabenden, im Kneipen- oder Straßenkarneval. Die fünfte Jahreszeit ist und bleibt einfach die Schönste in Steinheim.
Man teou!